PV-Anlage Familie Hübner, Steinrennen, Dingelsdorf

Kurzprofil:

  • 30 hochwertige Module in Glas-Glas-Bauweise, 30 Jahre Garantie
  • 9,6 kW theoretische Spitzenleistung (kWpeak) über alle Module
  • Leistungsoptimierer für bestmöglichen Stromertrag und vereinfachte Wartung
  • Relativ ungünstige Ost-West-Ausrichtung des Dachs (Azimut 77°)
  • Dachneigung 45°
  • 8.570 kWh Jahresproduktion (2020), davon knapp 2.000 kWh selbst verbraucht
  • Stromverbrauch im Haus knapp 6.000 kWh jährlich, einschließlich Wärmepumpenheizung
  • Digitaler 2-Richtungszähler der Stadtwerke (kein extra „Wärmepumpenstrom“!)
  • Digitaler, privater Zusatzzähler mit Auswerte-Schnittstelle
  • Kosten rund 16.000 € netto

Beschreibung im Detail:

Die Anlage hat 9,6 kWpeak und besteht aus 18 Modulen auf der westsüdwestlichen  und 12 Modulen auf der ostnordöstlichen Dachhälfte.  Die westliche Dachhälfte „schielt“ dabei ca. 13 Grad nach Süden, was den Stromertrag begünstigt, während die östliche Dachhälfte ca. 13 Grad leicht nach Norden ausgerichtet ist.

Die Dachneigung beträgt 45 Grad. Die dadurch begünstigten Dachlawinen reinigen allerdings auch die Modulflächen von Schmutz.

Alle 30 Module bestehen jeweils vorder- und rückseitig aus Glas, was einerseits zu einer erhöhten Hagelfestigkeit führt und andererseits zu einer generell höheren Lebenserwartung der Module. Der Hersteller gibt hier eine 30 Jahre lange Leistungsgarantie. Die Module sind nicht auf dem Trägergerüst fest eingeklammert, sondern liegen „schwimmend“ in einem oberen und unteren U-Profil. Mechanische Spannungen im Trägergerüst können sich dadurch nicht auf die Module übertragen.

Für sich genommen hätte es sich kaum gelohnt, auch die ostnordöstliche  Dachfläche mit Modulen zu belegen, aber einige Montagearbeiten – insbesondere die Montagearbeiten im Bereich des Zählerschrankes – sind weitgehend unabhängig von der Anzahl der installierten Module auf dem Dach. Dadurch waren die Zusatzkosten für die Module auf der vermeintlich ungünstigen ostnordöstlichen Dachfläche vertretbar. Außerdem bewirken diese zusätzlichen Module, dass bereits am Vormittag deutlich mehr PV-Strom zur Verfügung steht – und bei starker Bewölkung spielt die Ausrichtung der Module ohnehin keine allzu große Rolle.  Positiv ist auch, dass bei dieser Modul-Anordnung die elektrische Leistung der Gesamtanlage faktisch nie die 70-Prozentmarke der installierten 9,6 kWpeak – also 6,72 kW – real überschreitet. Dadurch wird die nach EEG mögliche,  zwangsweise Abregelung der PV-Anlage auf eben diese 70 Prozent Leistung vermieden.  Vereinfacht kann man sagen: Bei dieser Modulanordnung hat man zwar weniger elektrische Spitzenleistung, aber dafür verteilt sich die erzeugte Strommenge deutlich gleichmäßiger über den gesamten Tag. Im Sommer ergibt sich somit folgendes typische Ertragsdiagramm:

Zur besseren Ausnutzung der Sonneneinstrahlung sind jeweils 2 Module an einen eigenen Leistungsoptimierer angeschlossen. Die sich so ergebenden 15  Leistungsoptimierer speisen bei dieser Lösung jeweils nur den Gleichstrom ihrer angeschlossenen beiden Module in den Hauptstrang ein. Der früher gefürchtete Totalausfall eines größeren Modulfeldes durch Abschattung eines einzelnen Moduls ist damit Vergangenheit. Die Module der Westsüdwest-Seite und der Ostnordost-Seite bilden dank der verbauten 15 Leistungsoptimierer einen einzigen gemeinsamen Stromkreis (Strang).  Im Extremfall könnte hier eine Modul-Zweiergruppe Strom liefern, während die 28 anderen Module von Schnee bedeckt sind. Alternativ wäre auch eine Konfiguration mit 1 Leistungsoptimierer pro Modul möglich gewesen, was  aber auch die Kosten und die Fehleranfälligkeit deutlich nach oben getrieben hätte.

Ein weiterer Vorteil der verwendeten Leistungsoptimierer ist die Möglichkeit der technischen Überwachung der einzelnen 15 Modulpäarchen. Die Software im Wechselrichter bietet dazu entsprechende Grafiken an. Eventuell schwächelnde Module können so bequem vom Schreibtisch aus erkannt und gezielt ausgetauscht werden. Pikanter Zufall: Just beim Zusammenstellen der Grafiken für diesen Artikel stellte sich gerade heraus, dass ein Modulpaar auf dem ostnordöstlichen Modulfeld derzeit keinen Strom liefert:

Schnee liegt jedenfalls keiner auf den Modulen, und da auch das Booten des Wechselrichters nicht geholfen hat, ist das vermutlich der erste Garantiefall an der Anlage. Hoffen wir mal, dass es „nur“ am elektronischen Leistungsoptimierer liegt. Dessen Preis liegt in der 50-€-Klasse, aber irgendjemand muss nun hoch auf‘s Dach. Trotzdem: Das Problem wurde am Schreibtisch erkannt, die beiden betroffenen Module sind klar identifiziert und dem Fehler kann nun gezielt nachgegangen werden!

Ein Batteriespeicher  und ein E-Auto sind angedacht. Beides wird bereits heute vom Hersteller des Wechselrichters unterstützt. Bei einem E-Auto mit einer Batterie mit mehr als 100 kWh Kapazität könnte sich eine klassische, stationäre Lithium-Batterie allerdings als obsolet erweisen.

Angaben zur Stromproduktion auf dem Dach liefert heute jeder bessere Wechselrichter.

Der eigene, zusätzliche Stromzähler mit digital auswertbarer Schnittstelle ermöglicht jedoch eine deutlich umfangreichere Auswertung . Dies wird möglich, weil nun auch die tatsächliche Einspeiseleistung und auch der Strombezug aus dem öffentlichen Netz kontinuierlich gemessen und protokolliert werden kann. Von besonderem Nutzen ist so ein zusätzlicher Zähler deshalb bei der Auswertung des Verhaltens von elektrischen Großverbrauchern im Haushalt.

So zeigt beispielsweise nachfolgendes Bild, dass eine mit der PV-Anlage gekoppelte Wärmepumpe am betrachteten Tag nur 8 Arbeitstakte benötigte, was für den  kalten Wintertag am 10. Februar 2021 sicherlich ein guter Wert ist:

Allerdings zeigt das Bild auch noch eine andere Wahrheit: Eine PV-Anlage liefert in den kalten Wintermonaten nur einen kleinen Bruchteil von demjenigen Strom, der im Sommer erzeugt werden kann. Die Anschaffung einer PV-Anlage sollte also nicht von der Vermutung getrieben sein, dass man damit im Winter die eigene Heizungs-Wärmepumpe hinreichend betreiben kann.

Mit immer weiter fallenden Einspeisevergütungen macht es Sinn, den eigenen PV-Strom möglichst selbst zu verbrauchen (gilt nicht generell für Heizstäbe!).

Was die Optimierung dieses Eigenverbrauchs betrifft, so bietet der  in der Anlage verbaute Wechselrichter die automatische Möglichkeit, per WLAN einzelne Verbraucher gezielt im Haus zu aktivieren, sobald  überschüssiger PV-Strom für wenig Geld ins öffentliche Netz eingespeist wird. So lassen sich gezielt E-Autos laden oder Wärmepumpen starten. Lässt die Sonneneinstrahlung nach oder werden manuell weitere Verbraucher eingeschaltet, so erkennt das die Elektronik im Wechselrichter und veranlasst gegebenenfalls eine Abschaltung der zuvor aktivierten Verbraucher. Man muss also nicht mehr ständig die Sonne und eventuell aufziehende Wolken beobachten, um den eigenen PV-Strom bestmöglich zu nutzen. Nachfolgendes Bild zeigt die für eine Verbraucher-Aktivierung benötigten elektronischen Komponenten beim Hersteller SolarEdge, von oben: Antenne und Funkplatine für das Funknetzwerk, beides einzubauen im Wechselrichter und darunter eine Funk-Empfänger-Box, die über einen eingebauten Relaiskontakt einen Verbraucher aktivieren kann.

Die Gesamtkosten der PV-Anlage beliefen sich netto auf knapp 16.000 €. Der größte Teil der wechselstromseitigen Installation, sowie die Herstellung der Kabeltrassen erfolgte in Eigenleistung.

Zum Abschluss noch ein paar Tipps:

Vermeiden Sie teure Zählerschrank-Umbauten und beachten Sie die dafür gültige maximale elektrische Leistung ihrer PV-Anlage. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu wurden in der Vergangenheit wiederholt geändert. Unter Umständen erspart jedoch eine zeitversetzte Nachrüstung weiterer Module viel Geld.   Ebenso sollten Sie bei Ihrer Planung darauf achten, dass Ihr Eigenverbrauch nicht EEG-umlagepflichtig wird, nur weil Sie vielleicht 1 Modul zuviel auf dem Dach installiert haben. Lassen Sie sich dazu am Besten von Ihrem Solarinstallateur beraten.

Eine weitere Stolperfalle ist der sogenannte „Wärmepumpenstrom“. Dabei ist die Wärmepumpe wie eine besondere Wohnung über einen eigenen Zähler angeschlossen.

Folgendes Szenario ist im Einfamilienhaus denkbar: Der Strom für Haus und Haushalt wird über den „Wohnungszähler“ abgerechnet, während die Wärmepumpe am Stromzähler für den Wärmepumpen-Stromtarif angeschlossen ist.

Wird nun – wie es in der Praxis tatsächlich schon vorgekommen ist – der selbst erzeugte PV-Strom über den Wohnungs-Stromzähler geführt und verrechnet, so kann die Wärmepumpe vom eigenen PV-Strom nicht profitieren. Unter Umständen wird dann der eigene PV-Strom für 8 Cent/kWh eingespeist und gleichzeitig für 25 Cent /kWh„günstig“ zurückgekauft. Der PV-Strom muss dabei noch nicht einmal das Haus verlassen. Es genügt, wenn der überschüssige PV-Strom im Zählerschrank eine 180-Grad-Kurve „fährt“ und dabei über die beiden installierten Zähler fließt. Wer also seinen PV-Strom selbst nutzt und gleichzeitig eine Wärmepumpe betreibt, der sollte klären, ob eine zusätzliche Verbrauchsabrechnung im Wärmepumpen-Stromtarif wirklich notwendig und sinnvoll ist.

Und weil wir gerade beim Thema „Geld“ sind:  Die PV-Branche wirbt gerne damit, dass man sich beim Kauf einer Anlage „die gezahlte Mehrwertsteuer zurück holen kann“. Das ist richtig.

Verschwiegen wird aber gerne, dass damit künftig auch Mehrwertsteuer auf den selbst verbrauchten Strom zu zahlen ist. Das ist besonders fatal, wenn man den PV-Strom über E-Heizstäbe verbrennt, und dann neben der darauf entfallenden Einkommensteuer auch noch rund 5 Cent Mehrwertsteuer pro kWh abführen muss. Und im Übrigen stellt die bei Kleinunternehmern zurück erstattete Mehrwertsteuer (auch „Vorsteuer“ genannt) für den Betreiber der PV-Anlage eine Einnahme dar – die natürlich im Rahmen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (“EÜR“) mit dem individuellen Einkommen-Steuersatz zu versteuern ist. Wer sich also mit dem Steuer-Thema nicht gut auskennt, der sollte unbedingt und deutlich vor der Anschaffung einer PV-Anlage seinen Steuerberater fragen. Den anderen empfehle ich zumindest die Lektüre des gut geschriebenen, 227-seitigen Büchleins „Photovoltaikanlage und Blockheizkraftwerk“ von der Akademischen Arbeitsgemeinschaft, erschienen im Verlag Wolters und Kluwer. Mehr dazu hier: https://www.steuertipps.de/shop/literature/photovoltaikanlage-und-blockheizkraftwerk-bhkw

Viel Erfolg!

Redaktioneller Hinweis: Obiger Artikel wurde geschrieben im Februar 2021 für den Arbeitskreis Klimaschutz und Biodiversität in Dingelsdorf, sowie für alle interessierten Bürger in Dingelsdorf und Umgebung.

Autor: Werner Hübner, Dingelsdorf.